Jemand hat mich zu einer Performance eingeladen.

Now This Over Over  | Eine performative Ausstellung | Hrsg. Ariane Koch und Sarina Scheidegger | 2013
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Jemand hat mich zu einer Performance eingeladen. Es soll um persönliche Erlebnisse gehen und um die Frage, wie man diese Darstellen und Reinszenieren kann. Auf der Website vom Veranstalter lese ich dann, dass diese Performance von den KünstlerInnen und auch den ZuschauerInnen geprägt und geformt wird.


Ups, das riecht nach Partizipation. Und ich mag keine partizipativen Performances. Zu oft musste ich mitmachen, meine persönliche Geschichte erzählen oder einfach nur mittanzen. Ich hatte dabei nie die Wahl, ob ich mitmachen wollte oder nicht. Auch diesmal nicht. Also stelle ich mich meiner Angst und bereite mich auf diese Performance vor.


Im Internet gibt es viele Tips, wie man sich kleiden, verhalten und bewegen soll um nicht aufzufallen. Mit meinen Einmeter-Neunzig muss ich da sehr geschickt vorgehen, wenn ich nicht hervorstechen will. Der eine Rat funktioniert aber auch bei abweichenden Körperformen: Man soll in Momenten, in denen Menschen ausgewählt werden, den Mund aufreissen und möglichst natürlich gähnen. Gähnen gilt als reflexartiges Verhalten und wird gerne als akute Müdigkeit interpretiert. Und wer will schon eine müde Person auf der Bühne.


Ein gutes Rezept denke ich und lande bei Wetten, dass...?-Videos. Die Saalwette ist sozusagen die Königsdisziplin für die zwanghafte Beteiligung: Plötzlich streckt einem Thomas Gottschalk ein Mikrofon ins Gesicht und will vor laufender Kamera mit einem reden. Es gäbe keinen besseren Moment für ein leidenschaftliches Gähnen.


Seit ich diese Gähn-Strategie kenne, fühle ich mich sicherer. An Grenzübergängen, bei den Sicherheitskontrollen am Flughafen und bei partizipativen Theaterstücken gähne ich seither nur noch. Es funktioniert bestens.